Das muss man sehen

Wider das Vergessen

Jüdisches Religionszentrum Kornmarkt

Kornmarkt 22

Dieses imposante Gebäude, ein Hallenhaus mit Doppelportal von 1609, erbaut vom Stadtschreiber A. J. Hoen, war einst Sitz der Synagoge mit Mikwe von Herborn. (Zu besichtigen auf Anfrage im Rahmen von Stadtführungen, z.B. der Themenführung "Wider das Vergessen".) In der Südhälfte befand sich die Synagoge in der Zeit von etwa 1670 bis 1840. Die jüdische Gemeinde entstand etwa 1650 in Herborn. Die Ansiedlung erfolgte gegen den Widerstand der Oberschicht von Herborn. Die Fürsten von Nassau ließen sich jedoch im Rahmen eines "Judenregals" die Ansiedlungserlaubnis teuer bezahlen und kassierten fortan kräftig Schutzgeld. Im 19. Jahrhundert wurde die Mikwe aus hygienischen Gründen geschlossen. Im Anschluss stand der Gemeinde das Obergeschoss eines Hauses in der Nähe des heutigen Amtsgerichts in der Westerwaldstraße als Synagoge zur Verfügung. In der Reichspogromnacht (9.11.1938) wurden die Fenster zerschlagen und das Dach zerstört, die Einrichtung und Kultgegenstände aus dem Fenster geworfen und verbrannt. Die letzten jüdischen Mitbürger wurden 1942 in Konzentrationslager, in den sicheren Tod, deportiert. 

Alter jüdischer Friedhof

Der Friedhof liegt im Süden der Stadt und diente der jüdischen Gemeinde als Begräbnisplatz. Das genaue Alter des Friedhofs ist nicht bekannt. 1879 wurde der Friedhof erweitert, da er "überfüllt" sei. Daraus ist zu entnehmen, dass er mindestens seit Anfang des 19. Jahrhunderts bestand. Die letzte Beisetzung fand vermutlich 1940 statt (Sabine Reiss geb. Katz).

Dass Juden in den deutschen Städten im 18. und 19. JH noch immer nicht als gleichwertig anerkannt waren, wird besonders, so auch in Herborn, durch die abgesonderten Friedhöfe ausgedrückt. Die Friedhofsfläche 2515 m². Auf dem Friedhof steht heute ein Gedenkstein mit der Inschrift "Zum Gedenken an die jüdischen Mitbürger der Stadt Herborn - 1938 - 1978". Der Friedhof ist heute ein Kulturdenkmal aufgrund des Hessischen Denkmalschutzgesetzes.

In der Broschüre "Herborn zur Zeit des Nationalsozialismus - eine Spurensuche in der Stadt", die u.a. von dem verstorbenen Gymnasiallehrer Jens Trocha und dem Stadtarchivar Rüdiger Störkel 2016 heraus gegeben worden ist, findet sich ein Gesamtverzeichnis der Grabinschriften dieses Friedhofs.

Die Inschrift auf dem ältesten Grabstein lautet: "Eine rechtschaffene und holde Frau, sie ging den vollkommenen Weg, tat Gerechtigkeit all ihre Tage, die ehrenhafte Frau Sarah, die Frau des Zewi des Sohnes Josef. Sie starb am heiligen Sabbat, dem 5. Nissan, und wurde begraben am 6. Nissan 1875. Ihre Seele sei eingebunden im Bündel des ewigen Lebens." (Übersetzung des Landesrabbiners Dr. Levison)

 


"Viele Gedenkminuten könnten durch Denkminuten verhindert werden" (Hoimar v. Ditfurth)

Einweihung des Holocaust-Mahnmals am 8.11.2013

"Auch Herborn war Tatort. Mit dieser unfassbaren Tatsache setzen wir uns seit vielen Jahren in mahnendem Gedenken auseinander. Zwischen dem 7. und 13. November 1938 fand der Übergriff der NS-Diktatur gegen jüdische Mitbürger, ihre Kultur, Religion und körperliche Unversehrtheit auch in unserer Stadt zahlreiche Opfer. Bürger, die unsere Stadt ebenso prägten wie gestalteten, mussten mit ansehen und erleiden, wie in der "Reichspogromnacht" vom 9./10. November Synagogen und Gebetsräume zerstört, nieder gebrannt und verwüstet wurden, Menschen geschlagen, geschunden und getötet wurden und eine allgemeine Verhaftungswelle als erster kalter Hauch das unfassbare Unrecht der Folgezeit erahnen ließ. (...)Politik und Verwaltung sind seit vielen Jahrzehnten bemüht, die Verantwortung auch unserer Stadt deutlich zu machen. Das Schicksal unserer geschändeten Mitbürger verpflichtet zur Erinnerung und vor allem Verantwortung für die Zukunft. Das Stadtparlament von Herborn hat deshalb beschlossen, als Teil dieser fortwährenden Verpflichtung am 8. November 2013 in der Grünanlage an der Walther-Rathenau-Straße am Eisernen Steg ein Mahnmal der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Erinnerung an unsere Mitbürger wird durch dieses Monument ebenso wach gehalten, wie die aus den Taten an ihnen entstandene Verpflichtung für die Zukunft." (Text des Einweihungs-Programms vom 8.11.2013)

Das Holocaust-Denkmal zeigt die 63 Namen der Herborner Juden, die unter der NS-Gewaltherrschaft ermordet wurden. 
Konzipiert wurde das Denkmal von Gerald Stern, einem Enkel von Willi Stern und Betty geb. Löwenstein, Urenkel von David und Rosa Löwenstein und Großneffe von Leopold und Selma Hecht. Sein Grußwort zur Einweihung lautete:

"Ich bin sehr erfreut darüber, dass sich die Stadt Herborn dazu entschlossen hat, zum 75. Jahrestag der Kristallnacht das Denkmal für ihre jüdischen Bürger zu enthüllen. Sie waren einfache, gesetzestreue Menschen, die schreckliche Verfolgungen und Schmähungen erdulden mussten, nur weil sie Juden waren. Sie wurden deportiert und umgebracht und es gibt für sie keine Gräber und Grabsteine. Heute können wir endlich ihre Namen wieder lesen und ihrer gedenken. Diese dunklen Tage dürfen nie vergessen werden!" 

 

Auszug aus der Eröffnungsrede des Initiators der Stolpersteine-Verlegung in Herborn, Jonathan Stoll, im Februar 2009:

Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden Worte!
Achte auf Deine Worte, denn sie werden Gewohnheiten!
Achte auf deine Gewohnheiten, denn sie werden Charakter!
Achte auf deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal!

Mit diesen Worten aus dem jüdischen Lehrbuch Talmud begann Herr Stoll seine Rede. Er erläuterte sein Projekt und bedankte sich beim Stadtarchivar Rüdiger Störkel für die Unterstützung seiner Recherchen. Anstoß für die Stolpersteine sei der Gedanke gewesen, dass diese ermöglichten, sich im Alltag immer wieder des Schicksals ehemaliger Herborner bewusst zu werden. Herr Stoll beendete seine Rede mit den Worten:

"Ich denke, wir dürfen nicht still über das Schicksal dieser Menschen werden und dürfen nicht aufgeben, gegen das Vergessen dieser Menschen anzukämpfen. Wenn ich also die Lehrsätze aus dem Talmud weiter schreiben dürfte, so würde ich schreiben:

Achte auf das Schicksal fast vergessener Opfer, denn es eröffnet dir einen Zugang zu der Weise, wie Menschen miteinander umgehen können! Achte auf die Weise, wie Menschen miteinander umgehen können, denn sie wird deine Verpflichtung in der Gegenwart!" 


Stolpersteine - Wer sie lesen will, muss sich verbeugen

Zitate des Initiators Jonathan Stoll: Es ist wahr und in einigen Beispielen belegt, dass manche Menschen nicht aufhörten, zu denken und weiter den Weg ihrer Überzeugung gingen. Doch viele schwiegen lange darüber, dass Menschen aus ihrem Umfeld auf einmal so unauffindbar waren. Um dem Schweigen entgegen zu treten, um die Opfer aus ihrem Status als fast Vergessene heraus zu holen, verlegen wir Gedenksteine, über die jeder mit dem Blick stolpern soll. 


Nassaustraße 3

Aus diesem Haus wurden die meisten Juden deportiert. 

Joseph und Rosa Hattenbach

Joseph wurde 1877 in Hoof und Rosa, geb. Katzenstein, 1884 in Volkmarsen geboren. Beide lebten in Herborn, wo sie eine gut gehende Landesproduktehandlung in der heutigen Walther-Rathenau-Straße führten. Sie hatten einen Sohn, Fritz, und eine Tochter, Grete. Da sie die Zeichen der Zeit erkannten, schickten sie Fritz 1936 nach Petersburg in die südafrikanische Republik Transvaal. Tochter Grete studierte in Brüssel, hatte 1941 dort geheiratet und ein Kind bekommen. Genauere Informationen zu ihrem Schicksal sind nicht bekannt. Die Eltern mussten 1942 in das Haus Oranienstraße 3, die heutige Nassaustraße, umziehen. Rosa wurde, wie das Ehepaar Hecht, am 28. August von dort deportiert und nach Theresienstadt gebracht. Sie starb dort bereits nach wenigen Tagen am 20. September desselben Jahres, Joseph befand sich zu der Zeit im Krankenhaus und entging so der ersten Deportationswelle, wurde dann aber doch "gen Osten evakuiert", wo er am 14. Februar 1944 starb. Die Familie Hattenbach gehörte zum oberen Mittelstand. Bereits 1938 hatte Josef einen Ausreiseantrag für seine Familie gestellt, dieser wurde jedoch abgelehnt. 1942 wurde das gesamte Vermögen zugunsten des Deutschen Reichs eingezogen. 

Selma und Berta Levi

Berta, die 1873 in Essingen in der Pfalz geboren wurde, besaß mit ihrem Mann Meier Levi eine Futtermittelhandlung im eigenen Haus in der damaligen Dillstraße in Herborn. Sie waren unmittelbare Nachbarn der Hattenbachs. Das Ehepaar hatte zwei Söhne, Martin und Fritz. Fritz heiratete 1932 Selma Levi, geborene Hirsch, die 1904 in Haiger zur Welt kam. Auch Fritz und Selma wurden zwei Kinder geboren. Fritz gelang mit den beiden Kindern die Auswanderung nach England. Selma sollte nachkommen, doch durch den Ausbruch des Krieges wurde dies unmöglich. So blieben Selma und ihre Schwiegermutter Berta in Herborn zurück. Beide mussten in das Ghettohaus in der Oranienstraße 3 (heute Nassaustraße 3) ziehen. Selma wurde am 10. Juni 1942 aus Herborn deportiert und kam mit dem Zug am 13. Juni im Vernichtungslager Sobibor an, wo sie im Alter von 38 Jahren ermordet wurde. Ihre Schwiegermutter Berta wurde mit den letzten noch in Herborn verbliebenen Juden am 28. August 1942 zum Bahnhof getrieben und von dort über Frankfurt und Theresienstadt in das Vernichtungslager Treblinka deportiert, wo sie am 29. September 1942 im Alter von 69 Jahren ermordet wurde.  Bertas Mann, Meier Levi, befand sich seit Ende 1940 schon im israelitischen Krankenhaus in Frankfurt am Main. Er wurde von dort aus am 15. September 1942 nach Theresienstadt deportiert und 1944 in Ausschwitz ermordet.

Henriette Lucas

Sie wurde 1862 in Herborn als Tochter des angesehenen Uhrmachers Aaron Lucas, eine alteingesessene Familie in Herborn, geboren. Bevor sie in das "Judenhaus" umsiedeln musste, leitete sie ein Modewarengeschäft in der Hauptstraße. Ihr Vater gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr in Herborn. Sie wurde am 28. August 1942 deportiert und fand schon am 11. September desselben Jahres ihren Tod in Theresienstadt. Kurz vor ihrer "Abreise" hatte sie noch zu Herzen gehende Abschiedsbriefe an befreundete Familien verfasst.


Hauptstraße 80

Auch vor Menschen, die als ehrenwerte, engagierte Bürger u.a. im Hilfsausschuss der Stadt Herborn, in Erscheinung traten, machte die Verfolgung nicht halt. In der Hauptstraße 80 wohnte der ehemalige Kultusvorsteher der jüdischen Gemeinde zur Zeit des Nationalsozialismus. Er und seine Frau mögen als zentrale Personen der jüdischen Gemeinde wohl sehr gut die Stimmung, die herrschte, verstanden haben. Noch 1932 war viel Lob über ihn in einem Zeitungsartikel anlässlich seines 70. Geburtstages zu lesen. Zitat: "Gesund und rüstig kann Herr Hecht sein Wiegenfest feiern... Das von ihm geleitete Geschäft gründete er 1896 und hat es bis heute zur Zufriedenheit seiner gesamten Kundschaft geführt. Er hat sich hier durch seine gerade und aufrichtige Art, die mit echter Liebenswürdigkeit gepaart ist, sehr viele Freunde erworben und erfreut sich in allen Kreisen der größten Hochschätzung." 

Leopold und Selma Hecht

Leopold wurde im Jahre 1862 in Rennerod geboren und wohnte bald darauf in Herborn. Er baute 1895 das Gebäude des heutigen Geschäfts "Elektro Beckfeld" in der Hauptstraße 80. Er blieb bis zu seiner Deportation 1942 in diesem Hause wohnen. Die Straße war jedoch mittlerweile in Adolf-Hitler-Straße umbenannt worden. Er leitete ein anerkanntes Textilgeschäft, welches in dem obigen Zeitungsartikel erwähnt wurde. Er leistete, von der Stadt organisiert, über seine Tätigkeit als Kultusvorsteher der jüdischen Gemeinde hinaus Hilfe für Bedürftige und linderte so die Not erwerbsloser Familien. Er fiel der letzten Deportationswelle in Herborn am 28. August 1942 zum Opfer, wurde nach Frankfurt gebracht und fand bereits wenige Tage später, am 20. September desselben Jahres, im Ghetto von Theresienstadt seinen Tod. Selma, geborene Homburger, wurde am 31. Dezember 1876 in Frankfurt a. M. geboren. Sie baute das Textilgeschäft mit ihrem Mann auf. Sie wurde mit ihm zusammen deportiert, und im Vernichtungslager Treblinka ermordet. Das genaue Datum ist nicht bekannt.


Hainstraße 11

Lina Rosenbaum

Lina Rosenbaum wurde am 9. Dezember 1873 als Lina Hecht in Oberzell geboren. Sie war in Herborn besser bekannt als Frau des beliebten Lehrers und Vorbeters der jüdischen Gemeinde, Meier Rosenbaum, der jedoch schon 1934 starb. Als Witwe wohnte sie zunächst im Sandweg, bald darauf jedoch in der Hainstraße 11, zusammen mit dem Ehepaar Löwenstein. Auch sie fiel der Deportationswelle Ende August 1942 zum Opfer. Über Frankfurt a. M. wurde sie in das Ghetto von Theresienstadt verschleppt, wo sie am 19. September 1942 umkam.

David und Rosa Löwenstein

David Löwenstein wurde am 25. September 1866 in Langendernbach geboren und unterhielt mit seiner Frau Rosa (geboren am 24. November 1868 in Weyer) eine Viehhandlung in der Hainstraße und koscherer Metzger. Herr Löwenstein war Mitglied in der Freiwilligen Feuerwehr Herborn und Fußballer beim SV Herborn. Sie hatten zwei Töchter, Betti und Herta, und einen Sohn, Hugo. Beide wurden Ende August 1942 aus Herborn deportiert und über das Ghetto von Theresienstadt in das Vernichtungslager Treblinka transportiert, wo sie am 29. September 1942 ankamen. Ihr weiteres Schicksal lässt sich hieraus erahnen, auch wenn es nicht bekannt oder dokumentiert ist. Die Tochter Betti starb in 1942 im Vernichtungslager Sobibor. Sohn Hugo Löwenstein, geb. 1899, der mit seiner Frau Friedel Löwenstein (geb. Suesskind) in der Hainstraße 13 wohnte, gelang nach einem Aufenthalt im KZ Sachsenhausen im April 1939 noch die Emigration nach London. Auch Herta, die zweite Tochter der Familie, überlebte und starb 2001 im Alter von 91 Jahren in New York.


Austraße 12

Julius, Meta und Silvia Salomon

Julius wurde 1899 in Werdorf geboren. Seine Frau stammt aus Niederweidbach (geb. 1909). Die Eheleute besaßen in der Austraße 12 eine Viehhandlung. Sie hatten eine Tochter, Silvia, geboren 1933, Zwillingsschwester von Lothar. Lothar überlebte diese schreckliche Zeit, da er kurz vor Kriegsbeginn mit einem Kindertransport über Frankfurt a. M. im Alter von 5 Jahren völlig allein nach England fahren musste. Über eine Organisation in England wurden die geflohenen Kinder an Gastfamilien vermittelt. Für Silvia hatten die Eltern keine Gastfamilie gefunden, das war der Grund, weshalb sie in Herborn geblieben war. Lothar Salomon schildert in seinen Erinnerungen, dass sein Vater Julius im Ersten Weltkrieg gedient hatte und viele Auszeichnungen bekommen hatte. Als ab 1938 immer mehr jüdische Familien aus Deutschland flohen, wollten seine Eltern trotz allem gerne in ihrer Heimat bleiben.

Silvia Salomon wurde das jüngste Opfer der Judenvernichtung in Herborn. Sie wurde mit ihren Eltern am 10. Juni 1942 über Frankfurt nach Majdanek deportiert. Danach verliert sich ihre Spur. Auch die Großeltern von Lothar und Silvia, Julchen Stern (geb. Hammerschlag, 1882) und Moritz Stern (1877) werden im Jahr 1942 nach Sobibor deportiert.


Westerwaldstraße 2

Selma Witzell

Selma Witzell, geborene Herzberg, wurde 1909 in Frankfurt a. M. geboren und wohnte in Herborn in der Westerwaldstraße 2. Sie war in Herborn mit dem bekannten und beliebten Volksschullehrer Ernst Witzell verheiratet, der sich aktiv gegen das Naziregime aufzulehnen versuchte. Zumindest wurde sein Rundfunkapparat im Oktober 1939 eingezogen, was auf zivilen Ungehorsam schließen lässt. Später wurde er zwangspensioniert. Wahrscheinlich war Selma Witzell Mitglied in der SPD. Sie wurde 1943 nach Auschwitz deportiert und starb am 28. November dort.


Mühlgasse 32

Ferdinand Schmidt

Mit der Verlegung eines Stolpersteins in der Mühlgasse 32 überschreitet das Projekt das alleinige Gedenken an jüdische Opfer. Ferdinand Schmidt war Kommunist, der sich ganz entschieden gegen den Hitlerstaat einsetzte. Als politisch Verfolgter hatte er seine Meinung gegen die rechtsradikale Übermacht bewahrt. Er wurde am 16. November 1882 in Münchhausen (Driedorf, Dillkreis) geboren. Von Beruf war er Schriftsetzer. Eine angebliche Bedrohung von SA-Männern brachte ihm eine Schutzhaft im Gerichtsgefängnis Wetzlar ein, die vom 3. Oktober bis zum 12. Dezember 1933 dauerte. Vor 1933 war er in Herborn auch als Stadtverordneter der KPD in Erscheinung getreten. Da er sich nun im Verdacht des "illegalen Aufbaus" derselbigen befand, kam er vom 7. Dezember 1937 bis zum 17. Februar 1938 in Frankfurt a. M. in Untersuchungshaft. Das Verfahren gegen ihn wurde eingestellt und er wurde wieder in die Freiheit entlassen. Nachdem er am 22. August 1944 wieder fest genommen worden war, wurde er am 16. September 1944 ins KZ Dachau eingeliefert. Dort kam er am 12. Februar 1945 ums Leben. Sein Sohn Hermann wurde später von der amerikanischen Besatzungsmacht als Übergangsbürgermeister eingesetzt, u.a. auch deshalb, weil dieser als einer der wenigen offen gegen Hitler plakatiert hatte.